Grün-As

Nachgefragt...

Christine Heidrich, LWB-Sozialarbeiterin in Grünau

Klaudia Naceur
Auf den ersten Blick mutet es seltsam an, dass ein Wohnungsunternehmen Sozialarbeiter beschäftigt. Was genau ist Ihre Arbeit?
Christine Heidrich
Ich kümmere mich um Mieter, die Probleme haben - sei es finanzieller Art oder auf Grund einer psychischen Erkrankung. Für einige Menschen bin ich der einzige Ansprechpartner. Manche wenden sich an mich, wenn sie Probleme mit Behörden haben. Dann schaue ich mir Schreiben von Ämtern an oder vermittle Kontakte. Aber auch Nachbarschaftsstreitereien oder Beschwerden über Haustiere landen in vielen Fällen auf meinem Tisch. Die gilt es dann zu lösen.
Klaudia Naceur
Das ist sicher oft nicht leicht. Gibt es denn Tage an denen Sie stolz auf sich sind, weil Sie einem Ihrer Klienten helfen konnten?
Christine Heidrich
Das kann man so nicht sagen. Natürlich freue ich mich, wenn ich helfen konnte. Aber Stolz ist das falsche Wort dafür. Ich liebe meine Arbeit, bin froh, dass ich Hilfe anbieten kann, weiß aber gleichzeitig, dass ich nicht in der Lage bin, alle Probleme zu lösen. Das ist oft sehr unbefriedigend.
Klaudia Naceur
Sie haben dienstags und mittlerweile auch den halben Montag Sprechzeit. Ihr Wartezimmer ist dann meist gut gefüllt. Finden die Menschen von alleine zu Ihnen?
Christine Heidrich
Nein, im Gegenteil. Das ist eher die Ausnahme. Viele scheuen sich davor, Hilfe zu suchen und in Anspruch zu nehmen. Meist werde ich von unseren Mieterbetreuern oder aber von Nachbarn auf problematische Lebensumstände - wie beispielsweise Verwahrlosung oder Alkoholismus hingewiesen. Wenn ich dann mit den Leuten ins Gespräch komme, weil ich sie zu Hause besuche und ihnen meine Hilfe anbiete, sagen sie mir oft, dass sie wohl von alleine nicht zu mir gekommen wären.
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Christine Heidrich
Klaudia Naceur
Ist das nicht mitunter sogar gefährlich, wenn Sie diese Leute so ganz alleine in ihrer Wohnung besuchen?
Christine Heidrich
Bisher ist mir noch nichts geschehen. Das Risiko besteht zwar, aber es steht für mich nicht im Vordergrund. Außerdem kann ich in brenzligen Situationen immer auf meinen Instinkt vertrauen. Intuitiv weiß ich, wann ich besser aufhören sollte, zu argumentieren.
Klaudia Naceur
Haben Sie gar keine Angst?
Christine Heidrich
Nein, das bringt ja auch nichts. Bei den meisten meiner Klientel ist resolutes Auftreten absolut erforderlich, um etwas zu erreichen.
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Klaudia Naceur
Sie sind seit vielen Jahren als Sozialarbeiterin in Grünau tätig. Lässt sich eine Tendenz feststellen?
Christine Heidrich
Ja - aber leider in die negative Richtung. Es gibt immer mehr Menschen, die mit ihrem schmalen Budget nicht mehr zurecht kommen, Schulden haben, die Miete nicht mehr zahlen können, im Alkohol ihr einzig verbliebenes Vergnügen sehen und sich damit noch mehr ins Abseits stellen. Momentan sehe ich da eher pessimistisch in die Zukunft. Aber ich gebe nicht auf.
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