Grün-As

30 Jahre Grünau - ein Stadtteil im Wandel

Teil 2

Foto Foto: Elke Göbel
Da aus wirtschaftlichen Gründen alle Hauseigentümer in Grünau bestrebt sind, die letzten Mieter aus unsanierten Häusern, in denen viele Wohnungen leer stehen, in besser gefüllte oder modernisierte umzusiedeln, entsteht Verunsicherung: Bleibt unser Haus? Müssen wir bald umziehen?
Bei jedem Umzug gehen soziale Bindungen und Vertrautheit mit der Wohnumgebung verloren. Es verschwindet ein Stück Heimat, das am neuen Wohnort erst allmählich wieder aufgebaut werden muss. Vor allem älteren Bürgern fällt das oft nicht leicht und die sozialen Kontakte und Aktivitäten gehen dauerhaft zurück. Gegen Angst vor zunehmender Einsamkeit hilft auch kein besserer Wohnkomfort.

Foto Foto: Elke Göbel
Dafür allerdings fehlt einigen Planern und Denkmalsschützern, die in Grünau nur eine Reserve sehen, die sanierten Gründerzeithäuser in der Innenstadt mit Mietern zu füllen, anscheinend das Verständnis.
Der Wohnungsleerstand wird mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter zunehmen. Der Geburtenrückgang seit 1990 wird sich erst in zehn Jahren voll auf die Nachfrage nach Wohnungen auswirken.

Foto Foto: Elke Göbel
Da die Kinder normalerweise bei ihren Eltern wohnen, brauchen sie keine eigene Wohnung. Die Familien sind zwar kleiner geworden, zugleich sind die Wohnungen bezogen auf die Zahl der Familienmitglieder aber größer. Erst wenn die ab 1990 geborenen Kinder bei ihren Eltern ausziehen, wird der Wohnungsbedarf stark zurückgehen. Dann werden wesentlich mehr alte Menschen sterben und deren Wohnungen frei, als junge Leute nach Wohnungen nachfragen.

Foto Foto: Elke Göbel
Es könnte sogar dann, wenn Leipzigs Einwohnerzahl stiege, der Bedarf an Wohnungen vorübergehend sinken. Steigen könnte die Einwohnerzahl allerdings nur durch kräftigen Zuzug. Der ist jedoch nicht zuletzt wegen der hohen Arbeitslosigkeit sehr unwahrscheinlich.
Verschärft wird die Situation noch dadurch, dass im Moment auf der Suche nach Arbeit vor allem junge, gut ausgebildete Frauen Leipzig verlassen. Jede Frau, die fehlt, weil sie abgewandert ist, bedeutet weniger Kinder. Wie sich das auf Grünau auswirkt, wird vor allem davon abhängen, ob Grünaus Jugend hier bleibt, wenn sie bei ihren Eltern auszieht und ob vielleicht sogar junge Leute aus anderen Stadtteilen nach Grünau ziehen.

Für Grünau spricht einiges:

  • Durch die standardisierte Bauweise könnten die Häuser in Grünau kostengünstig so modernisiert werden, dass der Heizkostenbedarf um bis zu 90 Prozent sinkt. Da Modernisierungskosten auf die Miete umgelegt werden dürfen, würde das bedeuten, dass im Moment die Einsparung bei den Heizkosten nach einer energetischen Modernisierung gerade so ausreichen würde, um die höheren Mieten auszugleichen. Da aber die Kosten für Energie ständig steigen, würden sich die Kostenvorteile bald zeigen. Die Stadtwerke sind von so einer Perspektive nicht begeistert. Sie wollen mit dem Verkauf von Energie Geld verdienen und versuchen deshalb mit allen Mitteln so eine radikale Energieeinsparung zu verhindern.
    Die Wohnungsbesitzer zögern, weil sie fürchten, zu wenig Mieter zu finden und dann auf ihren Modernisierungskosten sitzen zu bleiben. Hier sind die Grünauer gefragt, ihre Vermieter zu drängen, dass diese verstärkt in die Senkung des Heizenergiebedarfs investieren, auch wenn dadurch die Kaltmieten etwas steigen. Die energetische Sanierung der Gründerzeithäuser ist viel teurer als die der Grünauer Plattenbauten und bei nicht wenigen alten Häusern in der Innenstadt verhindern die Auflagen des Denkmalsschutzes eine radikale Heizkostensenkung ganz. Wenn die Grünauer Vermieter diesen Vorteil bald erkennen würden und nutzten, könnten sie mit unschlagbar niedrigen Betriebskosten der Altstadt wieder Mieter abnehmen.
  • Die Umgebung ist attraktiv. Etwas, dem Kulkwitzer See vergleichbares, hat kein anderer Leipziger Stadtteil und auch der Schönauer Park und die Schönauer Lachen sowie das Hafengebiet können sich sehen lassen.

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