Grün-As

Ente Billy und der Stacheldraht

Bild Hallo liebe Leserinnen und Leser!
Am Kulki gehen die Lichter aus und ich verletzte mich am rechten Watschel. Aber immer der Reihe nach. Es geschah an einem jener selten schönen Wintertage, als wir das fröhliche Lachen der Kinder am Rodelberg hörten. Sofort flogen wir zu diesem Ort, um auch dieses Jahr das Rodeln nicht zu verpassen. Ach, die freudigen Augen der Kinder! Sie sausten an diesem Nachmittag jauchzend hinunter, immer und immer wieder. Die Zeit verging sehr schnell und es wurde immer dunkler und dunkler, so dass die Eltern und Großeltern ihre Kinder riefen, um den Heimweg anzutreten. Das war ziemlich schwierig, denn keines der Kinder wollte schon mit dem Rodeln aufhören.

»Voriges Jahr konnte man hier noch viel länger rodeln«, meinte ein Mann zu einer Frau, »da brannten hier noch die Lampen. Schauen sie doch, junge Frau, der Weg zum Schiff hin ist völlig duster!«
»Das ist mir auch schon aufgefallen. Ich getraue mich gar nicht, dort zurück zu gehen. Geradezu unheimlich wird es einem da. Und wenn dann erst noch die neu angepflanzten Büsche hochgewachsen sind, wird es noch schlimmer!«
»Ja, ja«, mischte sich ein alter Herr in das Gespräch. »Dann ist es auch mit der schönen Sicht zum Wasser vorbei. Da kann ich ja gleich im Wald spazieren gehen, wenn ich das wollte.«

»So ist es«, pflichtete der jüngere Mann bei, »und an den Zäunen um den Campingplatz ist nun auch noch Stacheldraht.«
»Das habe ich mit Schrecken gesehen. Dort kann ich sowieso schon nicht mehr entlanglaufen. Wissen Sie, ich bin schon alt und die Zäune mit Stacheldraht erwecken in mir schlimme Erinnerungen«, sagte der alte Herr leise. »Dabei liebe ich den Kulki, liebe die Abendspaziergänge am See. Früher, wissen Sie, da konnte man sogar noch auf der Halbinsel spazieren gehen, heute wird einem so nach und nach alles weggenommen.«

»Ob denn das den Campern gefällt, hinter Stacheldraht den Urlaub zu verbringen? Also mir wäre das nichts«, überlegte der jüngere Mann.
»Vielleicht fühlen sie sich so sicherer?«, warf die Frau ein, »aber eine Lösung für die vielen Menschen, die hier gern und friedlich entlanglaufen, kann das nicht sein.«

Meine Oma schnatterte leise und mahnte mich zum Heimflug. Und da passierte es. Als wir über die Halbinsel flogen, verletzte ich meinen rechten Watschel an diesem Stacheldraht. Ich hatte den im Dunkeln einfach nicht gesehen und flog zu tief. Oma meinte, dass ich noch Glück gehabt hätte, denn wäre ich mit dem Bauch dagegen geflogen, hätte ich in das Entenkrankenhaus gemusst. Sie schnatterte traurig, dass wir uns nun eine andere Flugrichtung suchen müssten. Aber vorerst werde ich meinen verwundeten Watschel pflegen.
Ihre arme Ente Billy.

Beate Engelhardt
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