Grün-As
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How are you?

Ein deutsch-amerikanischer Schüleraustausch in Grünau

Aufregung nach den Herbstferien in der 55. Mittelschule! Am Dienstag früh treffen sich 15 Schüler, zwei Lehrerinnen sowie die Schulsozialarbeiterin, um die letzten Vorbereitungen für den ersten Tag der deutsch-amerikanischen Schülerbegegnung zu erledigen. Ein kleines Frühstück mit hausgebackenem Kuchen soll unseren 13 Gästen aus Baltimore als »Welcome« geboten werden. Nach 8 Uhr fährt eine kleine Schülergruppe zum Bahnhof, um die Gäste abzuholen.

Die Aufregung steigt, errötete Gesichter stehen wartend am Bahnsteig. In ihnen ist die stumme Frage erkennbar: »Was sage ich nur?« Der Zug rollt ein, wir unser »Welcome«-Plakat aus. Eine Gruppe junger Leute in Begleitung von drei Lehrern kommt strahlend auf uns zu. »Hello, how are you?« ist die meist gestellte Frage. Unsere Jugendlichen sind etwas verhalten, tauschen eher Blicke und freundliches Lächeln aus. Schnell sind wir mit der Straßenbahn in Grünau, neugierig schauen Schüler aus den Fenstern der Schule.

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Schüleraustausch

Mit einem kleinen Kulturprogramm durch Schüler der 10. Klasse und zwei kurzen Reden, begrüßen die Schule sowie das amerikanische Konsulat die Gäste. Nach dem Frühstück schließt ein Gastschüler seinen MP-3-Player an die Technik an und los bewegen sie sich nach einer scheinbar eingeübten Schrittfolge. Kurzzeitig unterbricht die Musik, wir nutzen dies, um den geplanten Schulrundgang in kleinen Gruppen durchzuführen. Unsere Schüler zeigen und erklären, haben sich im Englischsprachunterricht intensiv auf diesen Moment vorbereitet. Auf der Hofpause gibt es neugierige Gesichter und teilweise ein paar Fragen.

Zurück in der kleinen Aula, die für diese Woche zu einem großen Klassenzimmer umfunktioniert wurde, geht der Tanz weiter. Auch einige von unseren Schülern tanzen mit, eine erste Schwelle ist überschritten. Nach dem Mittagessen, das einige unserer Schüler gemeinsam mit Lehrkräften zubereitet haben, geht es in den Leipziger Zoo. Jeder weiß zwischenzeitlich, wer welchen Gastschüler zu Hause aufnimmt. (Im Vorab wurden zudem gegenseitig Steckbriefe versandt, um einer Entscheidungsfindung näher zu kommen.) In Kleingruppen mit hinzukommenden Familienangehörigen sind wir bis 17 Uhr im Zoo.

Danach fahren wir geschafft in die Schule zurück, die Gäste schnappen ihr Gepäck und gehen mit in die Grünauer Gastfamilien. Die beteiligten Schülerinnen und Schüler haben sich im letzten Jahr für die Aufnahme eines amerikanischen Gastes entschieden und sind seitdem in die Vorbereitungen einbezogen. Ihre Ideen für den Ablauf finden sich in diesen Tagen wieder. Vor allem wollen sie neue (amerikanische) Freunde kennen lernen, ihre Englischkenntnisse anwenden und verbessern sowie Spaß haben.

Alle deutschen und amerikanischen Lehrer gehen abends auf Einladung des amerikanischen Generalkonsulats zur Wahlparty. Die Stimmung ist sehr ausgelassen und steigt noch, doch das Wahlergebnis warten wir nicht ab. Am nächsten Morgen beginnt froh gelaunt wegen des Wahlsieges von Obama ein langer Schultag für alle. Nach einigen, kurzen Kennenlernspielen erleben die Gastschüler alltäglichen Unterricht, in dem sie mit in die jeweiligen Klassen genommen werden. Da wird Mathe, Physik und Sport unterrichtet, alle sind aus dem Häuschen. Im Anschluss treffen sich alle wieder in der Aula.

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Schüleraustausch

Jetzt heißt es »voneinander lernen«. Die Amerikaner lernen das deutsche Volkslied »Alle Vögel sind schon da«, danach lernen die deutschen Schüler einen amerikanischen Tanz. Es gibt viel zu lachen, die Lernmotivation ist sehr hoch. Sogar über die Mittagspause, in der einige kochen und andere im Chemiezimmer Bonbons herstellen, wird getanzt. Unsere amerikanischen Gäste servieren uns selbst hergestellte Pancakes zum Nachtisch. Letzteres ruft bei unseren Gästen eigentlich Unverständnis hervor, da dieses Nationalgericht eher zum Frühstück vertilgt wird. Am späten Nachmittag verlassen alle die Schule, die freie Zeit wird unterschiedlichst in den Familien genutzt.

Am Donnerstag merkt man bei der frühmorgendlichen Stadtrundfahrt, wie müde doch alle sind. Etwas mobiler werden die Jugendlichen bei der BMW-Werkführung. Vor allem die Jungs sind begeistert von der Technik. Am Abend treffen wir uns in der Schule zur Abschiedsparty, die spontan auf Wunsch der Schüler stattfand. Die Energie der jungen Menschen scheint auf 150 Prozent zu sein, alle tanzen ausgelassen und wollen nicht, dass die Party zum vereinbarten Zeitpunkt endet. Doch einige Eltern stehen wartend in der Tür, um ihre Schützlinge mit heim zu nehmen.

Wieder treffen wir uns früh in der ersten Stunde, obwohl wir ahnen, dass es am Vorabend spät bei einigen geworden ist. Doch der Reiseplan steht fest und so heißt es, Abschied zu nehmen. Wir begleiten die Gäste zum Bahnhof und sagen »Good by« und bis zum nächsten Jahr. Denn da ist der Gegenbesuch in Baltimore geplant.

Isa Isensee, Schulsozialarbeiterin RAA Leipzig
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