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Wenn bei der Feuerwehr die Cola warm wird...

Nachwuchs schiebt erstmals 24-Stunden-Dienst - Teil 2

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Kaum zurück im Gerätehaus wartet bereits das nächste Einsatzfax: Garagenbrand in Miltitz - das große Löschfahrzeug LF 1612 mit Besatzung wird erneut vom Hof gelenkt und kommt erst 20.30 Uhr wieder. Danach wird es erst einmal ruhig in der Brandwache: Bei Abendessen, Lagerfeuer und einer DVD lassen die großen und kleinen Feuerwehrleute den Tag ausklingen und vor allem letztere sind gespannt, was der kommende wohl an Aufregung bereit halten mag.

Manch einer schläft erst weit nach Mitternacht ein und reibt sich am frühen Morgen verschlafen die Augen. 7 Uhr ist die gesamte Wache wieder einsatzbereit auf den Beinen. »Ich glaube, wir hatten mehr Probleme, heut Morgen aufzustehen, als unsere Jugend«, lacht Organisator Philipp Heine. Gegen Mittag wird das Ausmaß der Anstrengung deutlich. Während die Kinder nicht müde werden und im Gerätehaus Tischtennis spielen, liegen die Erwachsenen auf ihren Feldbetten und sind sichtlich mitgenommen.

Seit 7.25 Uhr stand der Alarm praktisch nicht mehr still und ließ die kühlen Getränke allmählich warm werden. Zunächst wurde die Jugendwehr zu einem Verkehrsunfall gerufen, danach galt es eine Katze (Plüschhund) vom Baum im Schönauer Park zu holen, dann wiederum hatte die Brandmeldeanlage in der Musikalischen Komödie ausgelöst und zu guter Letzt musste eine vermisste Person in den Schönauer Lachen gesucht werden. Zwischendurch durften die angehenden Feuerwehrmänner und -frauen ihre Höhentauglichkeit auf einer Ausbildungsdrehleiter in 30 Metern austesten.

»Wir dachten erst, das ist doch viel zu viel für einen Dienst«, sagt Truppführer Ronny Höpfel, »aber so extrem kann es nun einmal zugehen bei uns. Besonders an Wochenenden - vorzugsweise Sonntagfrüh 6 Uhr«, scherzt der 26-jährige angehende Zeitsoldat. Er ist seit 13 Jahren bei den Grünauer Freiwilligen und einer der vielen Helfer jenes Tages, die die Einsätze vorbereiten und bei der Durchführung zur Hand gehen. Als im Gerätehaus der Kampf um die Tischtennisplatte tobt, ist er bereits mit drei weiteren Kameraden am Unfallort in den Schönauer Lachen und verschüttet dort die Person, die später wieder geborgen werden soll.

Kurz bevor die beiden roten Fahrzeuge endlich eintreffen - sehr zur Freude der Jüngeren ausnahmsweise mit Martinshorn, da das Gelände abseits vom Straßenverkehr liegt - wird aus dem müden Häufchen, eine höchst professionell agierende Einsatzgruppe. Nichts deutet mehr auf eine Übung hin. Org.leiter Marcus Neubert gibt Anweisungen, hält Funkkontakt und achtet peinlichst genau darauf, dass nichts schief geht. Die Gruppenführer erkunden die Lage, finden einen Fuß unter einem Haufen alter Schwellen, teilen den Mitgliedern ihrer Gruppe mit, was benötigt wird und machen sich an die Bergung.

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24 Stunden bei der Feuerwehr

»Ach du Scheiße!«, entfährt es einem Jungen, als er über den Hügel zum Einsatzort kommt. Als sich die Aufregung gelegt hat, wirken die Handgriffe beinah routiniert. Kissen werden aufgeblasen, die Schwellen so in die Luft gehoben, dass die Person herausgezogen werden kann. Doch selbst diese scheinbar leichte Aufgabe ist kompliziert. Zwei der älteren ziehen im Schweiße ihres Angesichts, stöhnen »da muss noch was klemmen«, sagt einer. »Nein. Das ist das Gewicht eines ganz normalen Erwachsenen - 80 Kilo«, erwidert Organisator Philipp Heine. Letztlich hat doch noch etwas geklemmt, die Kissen werden vorsichtig noch ein paar Zentimeter hochgehoben und die Person befreit, auf die Trage gelegt und zum Einsatzfahrzeug geschleppt. Bevor die Gerätschaften wieder ordnungsgemäß verstaut sind, kommt ein neuer Befehl.

Dieses Mal von Daniela Neumann: »Jacken auf, Helme ab und jeder trinkt jetzt erst einmal was!« Das tut auch wirklich Not, denn trotz der sengenden Hitze und den vielen zurückliegenden Anstrengungen, ist der 24-Stunden-Dienst noch nicht vorbei. Während die Jugend wieder zur Wache fährt, bereiten Ronny Höpfel, Marcus Neubert gemeinsam mit zwei 18-Jährigen, die vor Kurzem selbst noch beim Nachwuchs engagiert waren und mittlerweile vom Wunsch beseelt sind, in die Berufsfeuerwehr aufgenommen zu werden - den letzten Einsatz des Tages vor. Ausnahmsweise betätigen sie sich als Brandstifter und legen ein Feuer an den Grünen Märkten. Die Schwierigkeit wird nicht das bloße Löschen des Brandes sein, sondern der Aufbau einer 400 Meter langen Leitung mit Hilfe von 20 Schläuchen, die bis zum Teich gelegt werden muss.

Das klingt nicht nur nach Schwerstarbeit - das ist es. Zumal die unermüdlichen Jung-Brandbekämpfer sich auch noch mit einem Schlauchplatzer rumärgern müssen und sich der Einsatz dadurch verzögert. Als die Leitung endlich steht, wird gespritzt und nicht nur aufs Feuer. Am Ende eines langen Tages belohnen sich (fast) alle Feuerwehrleute mit einer kräftigen Dusche aus der Takraf-Spritze. Nass, kaputt, aber mit glücklichen Gesichtern treten alle die letzte Fahrt im Löschzug an. Bevor die kleinen Einsatzkräfte jedoch ihre Eltern und Geschwister wieder in die Arme schließen können, muss die Wache noch auf Vordermann gebracht werden.

Kevin und sein 11-jähriger Kumpel David sind die beiden ersten, die wieder in Zivil im Gerätehaus erscheinen. Die Zeit bis zum Abschlussgrillen mit der großen Feuerwehrfamilie vertreiben sie sich damit, beim Fahrzeugsäubern zu helfen und sich über die zurückliegenden Ereignisse auszutauschen: »Neun Einsätze - das war cool«, ist Kevin noch ganz aufgedreht. Die Jungs sind sich einig: »So einen Dienst hätten wir gern öfter«.

Klaudia Naceur
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