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Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

Wenn die Ulla mit der Wilma...

Clowns & Clowns bringen Freude für Heimbewohner

...über die Flure Grünauer Seniorenheime zieht, dann sind Maritta Brauer und Kerstin Harport mal wieder in ihre Kostüme geschlüpft, haben sich eine rote Nase ins Gesicht gesteckt und wollen Freude bringen. Freude für Menschen, deren Alltag allzu oft eintönig und bedrückend ist, denen die Jahrzehnte zurückliegende Kindheit präsenter scheint als die Gegenwart, die nicht selten vereinsamt und deprimiert sind.

Die beiden Frauen sind zwei von acht ehrenamtlichen Gesundheits-Clowns des Leipziger Clowns & Clowns e.V. - doch eigentlich sind sie viel mehr als nur ulkige Figuren in bunter Verkleidung. Sie sind Therapeuten, Geschichtenerzähler und Zuhörer.

An einem grauen Novembernachmittag ziehen Ulla und Wilma nun mit Köfferchen und Papierlampion durch das Seniorenheim in der Jenaer Straße. »Ich geh mit meiner Laterne ...«, ertönt es fröhlich, als sie auf der ersten Station ankommen. Insgesamt vier werden sie heute ansteuern und überall werden sie freudig erwartet. Kostüm, lockerer Umgang und ein Liedchen sind ihre Türöffner. Schnell interagieren sie mit Bewohnern, Pflegepersonal und vereinzelten Besuchern gleichermaßen. Kaum einer kann sich den beiden entziehen. Ulla und Wilma plaudern drauf los, bekommen innerhalb kürzester Zeit einen Draht zu ihrem jeweiligen Gegenüber. Spielerisch entstehen ehrliche Beziehungen.

»So wie Sie aussehen, werden Sie doch von der Polizei gesucht«, frotzelt es ihnen gleich zu Beginn entgegen. Was in einer anderen Situation vielleicht als Beleidigung aufgefasst werden könnte, ist hier gewollt, wie Kerstin Harport erzählt: »Menschen, die in einem Heim leben, auf Hilfe und Zuneigung angewiesen sind, haben oft das Gefühl, nicht mehr so viel wert zu sein. Wenn wir als Clowns zu ihnen kommen, albern aussehen und Quatsch erzählen, erhöhen wir damit ihren Status. Sie fühlen sich uns überlegen, können über uns Witze machen, uns auslachen oder auch mal ihre Wut an uns auslassen.

Es aktiviert die Leute, holt sie aus ihrem Alltag.« Als die 57-Jährige nach Leipzig kam, suchte sie nach einer Theaterspielgruppe, landete beim Clowns & Clowns e.V., machte einen Workshop und war von dieser Aufgabe sofort beflügelt. »Das lässt mich durch die Decke gehen«, beschreibt sie das Gefühl nach einem Auftritt. Seitdem trainiert sie einmal pro Woche genauso wie auch die anderen im Verein. Das Interesse ihrer Kollegin Maritta Brauer wurde bei einem Vortrag über »Demenz und Humor« während einer Pflegemesse geweckt. Mittlerweile ist die 41-Jährige Proficlown.

Zusammen improvisieren sie meisterhaft, singen, quatschen, lachen, geben Kunststücke zum Besten, wagen ein Tänzchen mit den männlichen Bewohnern und streicheln mehrfach die Hände derer, die scheinbar ganz entrückt sind. Und sie werden dafür belohnt. Manchmal mit einem Lächeln, manchmal nur mit glänzenden Augen, oft mit einem »Danke«. Heimbewohnerin Renate sagt es so: »Die Welt ist wirklich schlimm. Schön, dass ihr da ward.«

Es fällt ihr sichtlich schwer, Ulla und Wilma wieder gehen zu lassen, nachdem sie mit ihnen gesungen und erzählt hat. Die an Demenz erkrankte Johanna dagegen strahlt übers ganze Gesicht, weil ihr Zeile für Zeile der Text eines Herbstliedes wieder eingefallen ist. Auch sie ist voller Dankbarkeit. »Ganz besondere Momente«, nennt Maritta Brauer solche Situationen. Im Schönauer Heim treffen die Clowns-Damen ihre Zuschauer in größerer Runde. Das sei nicht immer leicht, hätte aber den Reiz, dass auch die Bewohner untereinander ihren Kontakt festigen.

In anderen Einrichtungen ist es üblich, von Zimmer zu Zimmer zu gehen, was eine noch individuellere Interaktion möglich macht. »Da entsteht sehr viel Nähe«, meint Kerstin Harport. Die Bewohner öffneten sich anders und es käme auch vor, dass man die rote Nase dann einfach mal abnimmt und nur zuhört.

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