Grün-As

Fluthilfe

Kämpfer, Sieger und Besiegte - Zwei Wochen Hochwassereinsatz rund um Torgau

Bild Jeder kennt die schrecklichen Bilder von der Flut die über Sachsen kam, auch wir sahen diese Bilder täglich in Presse und Fernsehen. Mehrere Anrufe erreichten uns als Veranstalter des Schönauer Parkfestes, ob es stattfinden würde. Der KOMM e.V. und das Kulturamt entschieden nach reiflicher Überlegung, es stattfinden zu lassen und eine Spendenaktion zu starten, die am Ende über 1300,00 Euro einbrachte.

Am Tage nach dem Parkfest machten sich drei Grünauer Fußballfans vom Fanclub Intern@fuzzis nach einem Aufruf auf der Fanpage des FC Sachsen auf den Weg nach Torgau, denn dort war der Höchststand der Elbe gerade angekommen. Wir verpackten Schaufel, Spaten, Handschuhe, Gummistiefel und diversen Sanitäts- und Desinfektionsbedarf (dieser wurde freundlicherweise von der Carl-Schorlemmer- und der Bären-Apotheke gespendet) in unser Fahrzeug. Natürlich luden wir auch Bier und jede Menge Wasser für die freiwilligen Helfer, die dort schon Tage schufteten, ein und los ging die Fahrt. Erste Station war das Leipziger Gesundheitsamt, wo wir uns jeder eine kostenlose Hepatitisspritze abholten. Auf dem Weg nach Torgau ging es mit Passierschein durch das überflutete Eilenburg, wo teilweise das Wasser noch meterhoch stand. Hier sahen wir das Elend erstmals mit eigenen Augen. Riesige Haufen von Müllbergen türmten sich an der B 87, wo kein Wasser mehr stand und bereits mit dem Aufräumen angefangen wurde.

Bild Auf dem Marktplatz hatte man eine Verpflegungsstelle des THW eingerichtet und es wurden auch noch massenweise Sandsäcke von vielen Helfern gefüllt. In Torgau-Welsau bei der Freiwilligen Feuerwehr angekommen, wurden wir freundlich von der Reservistenkameradschaft Torgau-Hartenfels um Hauptfeldwebel Steffen Bräutigam empfangen. Ich als EK 86/2 (Entlassungskandidat) der NVA hätte nicht gedacht, dass ich in meinem Leben noch irgendwann einmal mit einem Uniformierten etwas zu haben würde. Erste gemeinsame Aktion war Umstapelten der Sandsäcke von Stellen, wo die Gefahr bereits gebannt war zu Stellen, an denen es noch keine Entwarnung gab. Am nächsten Tag wurden durch uns Straßen und Einfahrten wieder von Sandsäcken befreit, damit das normale Leben wieder einziehen konnte. Auch direkt in Torgau an den Elbparkplätzen füllten die Reservisten und viele Freiwillige dutzende Container mit Sand aus Sandsäcken. Hier war das Wasser ca. 20 Zentimeter unter der Elbmauer stehen geblieben, Torgau war gerettet und hatte das Hochwasser besiegt.

Am nächsten Tag kam es noch viel härter, wir fuhren in ein kleines Dorf namens Polbitz. Es stand nach einem Dammbruch 2 Meter unter Wasser und wurde vom Wasser der Weinske überflutet wurde. Tags zuvor waren schon das THW vor Ort und hatten 86 tote Schafe und hunderte tote Hühner aus dem Wasser geborgen. Ein ekliger Geruch aus Fisch, Öl und toten Tieren lag über dem Dorf. Gemeinsam mit der FFW und den Einwohnern ging man daran, alle Häuser leer zu räumen, denn fast überall stand das Wasser mannshoch im Erdgeschoss.

Bild Es wurden noch Geschirr und vielleicht noch die eine oder andere Sache gerettet, die sich in den Schrankfächern kurz unter der Zimmerdecke befand. Wir räumten an diesem Tage 17 Häuser fast komplett aus. Die Tragik konnte man sich nicht vorstellen, wenn z.B. das Fotoalbum der Großeltern oder manche anderen persönlichen Andenken für immer verloren waren. Einige Bewohner nahmen alles mit schwarzem Humor, andere standen völlig neben sich und räumten ihre Scheunen aus, obwohl das Wohnhaus noch voller unbrauchbarer Sachen und Möbel stand.

So viele Container mit unbrauchbarem Hausrat wie an diesem Tage hatte ich zuvor noch nie gesehen. Zu allem Verdruss wurde auch noch Seuchenalarm für den Ort ausgerufen und jedes Fahrzeug und jede Person mussten desinfiziert werden. In der Nacht kam ein Sanitätstrupp vom Bundeswehrkrankenhaus aus Leipzig und impfte alle Reservisten, die in Polbitz im Einsatz waren. Am Freitag wurde der Stützpunkt der Reservistenkameradschaft aufgelöst, denn der Katastrophenalarm im Torgauer Raum war aufgehoben.

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