Grün-As

Die Natur erwacht in Grünau

ImageLink Der letzte Winter war der längste und härteste seit sieben Jahren. Nun aber, Anfang März zieht endlich der Frühling ein. Die ersten Frühjahrsblüher öffnen ihre Blüten. Bei uns im Garten in Miltitz sind das Winterlinge, Schneeglöckchen, Krokusse, Zaubernuss (Hamamelis) und Winterjasmin. Fünf Wochen später als voriges Jahr haben sie dieses Jahr ihre Blüten geöffnet. In Grünau waren sie schneller. An geschützten Lagen haben die Schneeglöckchen bis zu zwei Wochen früher zu blühen begonnen als bei uns draußen. Jetzt im Frühjahr wird jeder Einkauf in Grünau zu einer kleinen Zukunftsreise. In Grünau ist es wärmer als in der Umgebung. Das führt auch dazu, dass sich im Winter viele Singvögel aus der Umgebung dorthin zurückziehen. Jetzt kommen sie auf der Suche nach Nistplätzen wieder zurück. Ende Februar sind auch die ersten Stare wieder in unserem Garten aufgetaucht. Auf der Suche nach den ersten vorwitzigen Insekten haben sie Hektik und Unruhe um sich verbreitend unsere Wiese abgekämmt. Von den heimischen Staren bleibt inzwischen ein größer werdender Teil im Winter hier. Die meisten Stare, die sich im Winter im Stadtzentrum sehen lassen, stammen aber aus Nord-Ost-Europa.

Es gibt noch eine augenfällige Veränderung: Die allgegenwärtigen Saatkrähen sind weg. Sie haben sich Anfang März wieder auf den Weg in ihre Brutgebiete nach Nordosten gemacht. Saatkrähen sind in Leipzig im Sommer vom Aussterben bedroht. Es gibt nur noch eine Brutkolonie im Stötteritzer Wäldchen. Um die gibt es Krach, weil unter den Bäumen viele Autos abgestellt werden und die Autobesitzer die Verursacher des himmlischen Segens auf ihren Karossen los werden wollen. Die Krähen, die sich im Sommer in Grünau sehen lassen, sind Rabenkrähen. Sie brüten einzeln und bilden nur sehr selten große Schwärme. In letzter Zeit tauchen in unserer Umgebung auch wieder Kolkraben auf. Sie sind beinahe so groß wie Gänse und ebenfalls Einzelgänger. Nur die Jungvögel bilden im Herbst kleine Trupps.

Kolkraben gehören zu den intelligentesten Tieren unserer Heimat und sind stets zu allerlei Unfug aufgelegt. In den mittelalterlichen Städten mit ihren Massen an Unrat waren sie sehr häufig. Da sie gern Aas fressen, zog es sie zu den alten Richtstätten und handelten sich damit einen sehr schlechten Ruf ein. Das führte zu erbarmungsloser Verfolgung bis an den Rand der Ausrottung. Durch konsequenten Schutz haben sich die Raben wieder stark vermehrt und sind auch nach Leipzig zurückgekehrt. Entgegen einer kürzlich durch die LVZ watschelnden Zeitungsente töten sie keine Schafe. Sie tauchen in der Nähe der Herden auf, wenn die Lämmer geworfen werden und fressen an den Totgeborenen und an den Plazenten, wenn der Schäfer das nicht sofort wegräumt.

Aber zurück zum Grünauer Frühling. Ab Mitte März blühen die Schlehen, wilde Vettern der Pflaumen, durch unzählige weiße Blüten sehen die dornigen Sträucher wie eingeschneit aus. Etwa um diese Zeit beginnen auch Erdkröten und Grasfrösche Teiche und kleine Seen aufzusuchen, um ihre Eier zu legen. Der Teich in Lausen und die Schönauer Lachen gehören zu ihren Zielen, aber selbst größere Gartenteiche dienen der Krötenhochzeit. Viele finden auf dem Weg leider unter Autorädern ihr Ende. Und leider gibt es immer einzelne Kinder, die sich einen Spaß machen, die Kröten zu fangen, zu quälen oder zu Tote zu schinden. Viele Erwachsene gehen da achtlos vorbei, statt mit den Kindern zu reden und sie aufzufordern, die geschützten Schneckenjäger in Ruhe zu lassen.

Ende März, wenn die Stachelbeeren ihre Blätter entfalten und unsere heimischen Primeln im nahen Auwald zu blühen beginnen, geht das Frühjahr richtig los. Die letzte Phase des Frühlings läuten die Apfelbäume mit ihrer Blüte ein. Wenn dann Mitte bis Ende Mai Holunder und Heckenrosen ihre Blüten öffnen, zeigen sie schon das Ende des Frühlings an. In der Natur beginnt der Sommer. Holunderblüten sind übrigens wieder in Mode gekommen. Ihnen werden vielfältige Heilkräfte nachgesagt und schmecken gut. Sie lassen sich zu Sirup und Holunderblütenessig verarbeiten oder in dünnen Eierkuchenteig getaucht ausbacken.

Es lohnt sich übrigens aufzuschreiben, wann die ersten Blüten erscheinen. In den letzten Jahrzehnten ist dieser Termin immer weiter in Richtung Januar vorgerückt, ständig wieder unterbrochen von besonders milden oder ausgefallen harten Wintern wie dieses Jahr. Im Frühjahr 2001 öffneten die ersten Schneeglöckchen in Grünau schon Ende Januar ihre Blüten. Dieses Jahr war das fünf Wochen später. Im Durchschnittstrend der letzten 50 Jahre beginnen die Schneeglöckchen etwa zwei Wochen früher zu blühen und auch etwa zwei Wochen länger behalten im Herbst die Bäume ihre Blätter. Das ist so, als ob uns jemand 300 bis 400 km nach Süden verschoben hätte.
Dr. L. Kasek

ImageLink Anmerkung der Redaktion: Eine Sonderausgabe von Dr. Kasek speziell zum Frühling am Kulkwitzer See wird Ende April (Ausgabe 10) erscheinen.

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