Grün-As

Grünau im Spiegel der Statistik

Link 2002 gab es in Grünau 4501 Adressen, 177 Straßen und Plätze und 367 Wohnblöcke. Am 30.6.02 gab es in Grünau 63091 Einwohner. Deren Durchschnittsalter betrug 44,3 Jahre. 52,8% der Grünauer sind Frauen. Der Ausländeranteil in Grünau liegt im Vergleich zu anderen Teilen von Leipzig, vor allem zur Innenstadt mit 3,2% sehr niedrig. Allerdings werden die zugewanderten Osteuropäer mit deutschen Vorfahren als Deutsche gezählt und im Amt für Statistik und Wahlen liegen dazu keinerlei Informationen vor. Nach meinem nicht repräsentativem Eindruck gibt es aber in Grünau relativ viel Russlanddeutsche und es wäre wichtig, wenn sich das Amt für Statistik und Wahlen dieser Bevölkerungsgruppe und ihren Sorgen einmal annähme. Grünau unterscheidet sich in vielen Bereichen markant vom Rest der Stadt:

Deutlich wird: in Grünau leben überdurchschnittlich viele abhängig Beschäftigte. Der Arbeitslosenanteil an der Bevölkerung liegt weit über dem Stadtdurchschnitt und damit im Zusammenhang auch der Anteil der Wohngeldempfänger.

In Grünau konzentrieren sich die Probleme, die durch die Massenarbeitslosigkeit hervorgerufen werden. Das gilt vor allem für die WK 7 (Grünau Nord) und 8 (Teil von Lausen- Grünau). Dort gibt es auch gehäuft finanzielle Probleme in den Haushalten. In Grünau Nord kommt dazu noch eine große Unzufriedenheit mit der Wohnumgebung. Das führt dazu, dass die Bewohner dieses Teiles von Grünau zusammen mit einigen Gebieten im Nordosten von Leipzig mit ihrer Lebenssituation, ihren Wohnbedingungen am unzufriedensten sind und dass sie starke Ängste vor der Zukunft haben. Die sind leider nur zu gerechtfertigt:

Die sozialen Härten der sogenannten Hartz-Gesetze (Verkürzung der Bezugszeit der Arbeistlosenunterstützung, Absenkung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau und vor allem die Reduzierung von ABM und Fortbildungsmaßnahmen) treffen die Bürger am härtesten, die unsichere, schlecht bezahlte Arbeitsplätze haben oder schon Arbeitslos sind. Und davon gibt es vor allem in Grünau Nord sehr viele. Zu allem Übel ist in Grünau Nord auch das Angebot an Freizeiteinrichtungen, Kultur und Einkaufsmöglichkeiten schlechter als in anderen Teilen Grünaus. Grünau Nord droht zum sozialen Problemgebiet zu werden, wenn hier nicht zügig gegengesteuert wird.

Die Mieten in Grünau sind vergleichsweise moderat. Interessant ist, dass sich die Warmmieten zwischen gut sanierten und unsanierten Wohnungen in Grünau im Mittel kaum unterscheiden: Die Kaltmieten sind zwar in sanierten Wohnungen höher, durch die bessere Wärmedämmung wird das aber bei den Heizkosten wieder eingespart.

Relativ günstig beurteilen die Bewohner von Grünau Ost ihre Wohn- und Lebenssituation. Das hängt damit zusammen, dass dort die Zahl der Rentner besonders hoch ist. Einkaufsmöglichkeiten und Wohnumgebung sind ebenfalls für Grünauer Verhältnisse nicht schlecht. Die Rentner haben ein gesichertes Einkommen, das nicht durch Arbeitslosigkeit über Nacht drastisch reduziert werden kann und sie sind von den sozialen Härten der Hartz-Gesetze nicht betroffen, nur die Gesundheitsreform bürdet ihnen zusätzliche Lasten auf, die aber nicht mit den Folgen der finanziellen Schlechterstellung der Arbeitslosen zu vergleichen sind. Von den Dingen, die für die Grünauer wichtig sind, sind sie vor allem mit folgendem Zufrieden:

  • Verkehrssicherheit
  • Aussehen der Gebäude
  • Erreichbarkeit von Einkaufszentren, Einkaufsmöglichkeiten
  • Größe der Wohnungen
  • Verfügbarkeit von Reparatureinrichtungen
  • Qualität der Kinderspielplätze
  • Qualität der Grünflächen und Parks

Am meisten beunruhigt die Grünauer im Moment der hohe Wohnungsleerstand in ihrer Wohnumgebung. Das bewegt allerdings die Bewohner der Siedlung Grünau überhaupt nicht. Sie beklagen vor allem den schlechten Zustand ihrer Straßen. Im Südostteil Grünaus (Mitte, Siedlung und Lausen-Grünau) folgen an zweiter Stelle Ängste wegen Kriminalität und Vandalismus. Im übrigen Teil Grünaus ist Problem Nummer 2 die desolate Lage am Arbeitsmarkt verbunden mit einem Mangel an Ausbildungsplätzen. An dritter Stelle stehen jeweils Arbeitsmarkt und Kriminalität, nur in Schönau wird Sauberkeit betont und in Grünau-Nord der Mangel an Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung.

Diese Probleme wurden auch schon vor reichlich zwei Jahren bei einer Befragung im Rahmen des von der EU geförderten Projektes It takes two genannt. Nach dieser Befragung sehen die Grünauer aber auch noch bei folgenden Problemen dringenden Handlungsbedarf:

  • Status der Sanierung/Modernisierung
  • kulturelle Vielfalt
  • Bildungspolitik
  • Zu geringe Einbeziehung der Bürger in kommunalpolitische Aktivitäten
  • Umweltpolitik (Lärmschutz, Abfall, Luftreinhaltung/Abgase)
  • Einrichtungen, um sich zu treffen und gemeinsam etwas zu organisieren
  • Verkehrsstaus
  • Kommunalpolitik gegenüber Fußgängern und Radfahrern

Angemerkt werden soll noch, dass die Grünauer zu den fleißigsten Nutzern der Straßenbahn gehören, aber im Vergleich mit anderen Teilen von Leipzig relativ wenig Rad fahren. Interessanterweise gehören aber die Miltitzer zu den fleißigsten Leipziger Radfahrern.

Link Die folgende Zusammenstellung beruht auf Analysen des Amtes für Statistik und Wahlen der Stadt Leipzig, vor allem der Bürgerbefragung vom Herbst 2003 und einer Stadtbezirksanalyse von 2002. Dazu kommt ein Bericht für das von der EU geförderte Projekt »It takes two«. Ausführliche Informationen gibt auch unter www.Leipzig.de/statistik und www.kasek.de.

Dr. Leonhard Kasek

Hinweis der Redaktion

Umfangreiches Zusatzmaterial (in englische Sprache) zu diesem Artikel finden Sie hier: A survey on Leipzig-Grünau.

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