Grün-As

Einsparkasse?

Großfiliale im Ratzelbogen und Rückzug aus der Fläche: Kreditinstitut will aktuelle Pläne lieber nicht kommentieren

Es wäre ein neuer Anlauf zu einem alten Plan: Die Sparkasse Leipzig stellt offenbar erneut das dichte Grünauer Filialnetz zur Disposition. Gut informierten Kreisen zufolge steht eine massive Vergrößerung der Geschäftsräume im Ratzelbogen unmittelbar bevor. Zu befürchten ist in dem Falle, dass dies Konsequenzen für die anderen Grünauer Standorte hat. Vor zwei Jahren war ein derartiges Streichkonzert am Widerstand der Bürger in Form des Quartiersrats gescheitert. Ob die Sparkasse nun in aller Heimlichkeit vollendete Tatsachen schaffen will, wird von deren Pressestelle trotz mehrfacher Nachfrage nicht kommentiert - also auch nicht dementiert.

»Als wir das gehört haben, sind wir aus allen Wolken gefallen«, sagt Quartiersmanagerin Antje Kowski. Zwar sind die grundsätzlichen Überlegungen der Sparkasse im Viertel durchaus bekannt. Weil die Zwänge des Kreditinstituts (Effektivität) und der Bedarf vor allem älterer Grünauer (kurze Wege) etwa so weit voneinander entfernt liegen wie der Nord- vom Südpol, begehrte seinerzeit der Quartiersrat auf - und siegte in erster Instanz: Sparkassenvorstand Martin Bücher gab im November 2008 Entwarnung für Schließungen. Bis auf die Kürzung von Öffnungszeiten im WK 2 hatte Bücher keine schlechten Neuigkeiten im Handgepäck, im Gegenteil: Neue Technik und größere Räume seien das Ziel.

Die wichtigste Botschaft aber war: Wird das Thema erneut diskutiert, geschieht das zusammen mit dem Quartiersrat. »Die Sparkasse hat versprochen, uns frühzeitig zu informieren«, sagt Kowski. Denn dass die Frage nach Veränderungen nicht ewig zu den Akten gelegt werden würde, ist auch der Quartiersmanagerin klar. Zumal das Protokoll auch verbucht: Die derzeitige Situation ist für das Geldinstitut nicht befriedigend, die Räume im Allee-Center nicht ideal. Weil Optimierung für die Sparkasse aber nicht Optimierung für den Bürger bedeutet, geht es um das Nachdenken über Kompromisse - doch heimliches Agieren und kontinuierliches Schweigen beweisen, dass dies offensichtlich nicht im Sinne der Kasse ist.

Dabei ist diese als Anstalt des öffentlichen Rechts gesetzlich dazu verpflichtet, bei der Verfolgung ihrer »öffentlichen Aufgabe« ein wenig mehr den Bürger im Blick zu haben als private Banken. Das ist freilich selbst bei Flächenrückzug noch der Fall: Denn andere Banken waren nie in Grünau oder sind lediglich bis an den Lindenauer Markt gezogen. Doch das ist für den Ottonormalgrünauer im reiferen Alter kein passables Argument. Sebastian Pfeiffer, der als Umbaumanager im Auftrag des Stadtentwicklungsamts (ASW) arbeitet, ist von den aktuellen Gerüchten überrascht. Das ASW sei davon jedenfalls nicht in Kenntnis gesetzt worden. Auch Pfeiffer beruft sich auf das Versprechen der Sparkasse und gibt sich abwartend. Ein Rückzug aus der Fläche sei nicht im Interesse der Stadt, die mit ihren Entwicklungsplänen vor allem die Wohnkomplex-Zentren stärken will: »Eine Sparkasse ist ein wichtiger Baustein jedes Zentrums.« Angesichts des Betreuungsbedarfs bestehe ein großes Interesse, die Infrastruktur dahingehend zu erhalten.

Seitens des Kreditinstituts seien laut Pfeiffer bereits damals Lösungen diskutiert worden, die dann aber nicht umgesetzt werden mussten - etwa eine Auslagerung, ähnlich wie bei der Post, die sich durch private Dienstleister vertreten lässt. Für die Sparkasse ist das Thema offenbar wissentlich ein heißes Eisen. Pressesprecherin Diana Petters habe zwar innerhalb eines Tages intern Daten für eine Antwort aufbereiten können - eine Freigabe derselben war aber trotz mehrfacher Nachfrage binnen einer Woche nicht möglich. Während die Sparkasse die hochinteressante Angelegenheit geheimniskrämerisch verwaltet, bestätigt Immobilienmakler Stefan Sachse von BNP Paribas Real Estate zumindest, dass über Räumlichkeiten im Ratzelbogen aktuell verhandelt wird. Das gelte im Übrigen auch für die Pizzeria, die aus der Miltitzer Allee ausziehen muss (»Grün-As« berichtete).

Sachse zufolge stehen für die Zukunft deutliche Veränderungen an, die das Objekt aufwerten: »Ich sehe den Ratzelbogen als Nummer 2 nach dem Allee-Center.« Aus Rücksicht gegenüber den Vertragspartnern wolle der Makler aber vorab keine Einzelheiten veröffentlichen und auch die Erweiterung nicht bestätigen. So steht zu befürchten, dass genaue Details erst nach dem Sparkassen-Deal an die Öffentlichkeit dringen - wenn es für Bürgereinfluss zu spät ist. Ob es tatsächlich zu Veränderungen in großem Ausmaß kommt, bleibt daher ungewiss. Fakt dürfte aber sein, dass eine Schwerpunktsetzung zugunsten des Ratzelbogens nicht folgenlos für die verbleibenden Filialen ist - ohne diesbezügliche (Geheim-) Pläne in der Schublade würden solche Verhandlungen kaum geführt. Der Quartiersrat hat sich jedenfalls mit einem Brief an den Sparkassenvorstand gewendet. Spielt der Adressat ebenso auf Zeit wie bei der Presseanfrage, ist allerdings die Tinte unter dem Vertrag vielleicht schon trocken.

Reinhard Franke
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