Grün-As

Es braucht Stille, dass Klang uns erreichen kann

Im 15. Jahr lädt »Klang-Stille-Raum« in die Kirche Schönau

Es ist zweifellos ein Kleinod - das kleine, ehemals Dorf-Kirchlein Schönau. Im Osten noch beschirmt vom Schönauer Park - behauptet sie sich gegen den wachsenden Verkehrslärm der Lützner Straße. Gegen Verkaufstrubel, Moderne und Alltag der beginnenden Großsiedlung Grünau.

Fenster und Spitzbogen im Altarraum verraten gotische Anfänge. Die mit vielen Schnitzereien verzierte Renaissance-Kanzel und der Altar stammen aus dem Jahr 1624. Eine wunderschöne bemalte Kassettendecke lenkt den Blick des staunenden Besuchers nach oben. Umfassende Restaurierungsarbeiten haben sie Oktober 1993 wieder zu neuem Leben erweckt. Neues Leben ... Modern. Zeitnah. Mittendrin.

Die Kantorin der Ev.-Luth. Pauluskirchgemeinde, (wir haben sie Ihnen in unserer Online-Ausgabe 2012/51 näher vorgestellt) Elke Bestehorn, wollte mit diesem neuen Leben auch neue Wege wagen. Kirchenmusikalische Abende und Meditation modern und lebensnah verbinden. Mit Themen, die weit über rein religiöse Fragen hinausgehen. Kirche öffnen. Raum schaffen, in dem man, angeregt vom Klang kammermusikalischer Darbietungen zu innerer Stille finden kann. Dieses Konzept scheint aufgegangen.

Immer am zweiten Freitag des Monats 19 Uhr finden musikalische Darbietungen ihre begeisterten Zuhörer. Am 8. März sind 15 Jahre voll. Nicht zuletzt auch durch die langjährige gute Zusammenarbeit der Volkshochschule Leipzig, der Kath. Kontaktstelle für Glaubensund Lebensfragen der Ev.-Luth. Pauluskirchgemeinde. Und dabei durfte man sich stets auf ganz verschiedene »Handschriften« freuen.

In den letzten 120 Konzerten ist schon Mundharmonika erklungen, waren Streichquartette zu bestaunen oder Bläserensemble zu hören. Elke Bestehorn selbst liebt das Orgelspiel. Hat in den letzten Jahren mit klassischen Werken und modernen Kompositionen begeistert, solistisch oder im Zusammenspiel.

Und auch hier darf man durchaus Neues wagen. Wie am vergangenen 11. Januar die Organistin Maria Wolfsberger MC. In Oberösterreich aufgewachsen, ist die Kirchenmusikerin seit 2004 in Leipzig zu Hause. Hat hier als Missionarin Christi ihren Platz gefunden. Sie lud die Hörer ein, den Klassikern Pater Anton Estendorffer oder Max Reger zu lauschen. Hatte aber auch eigene Kompositionen dabei. Und überraschte mit »Nixe-Kugelfisch-Korallen-Quallen« des Markus Franz Hollinghaus.

Bild
Organistin Maria Wolfsberger MC

Ein moderner Ansatz, den auch Br. Andreas Knapp in seiner Meditation aufgriff - zitierte der Kirchenmann doch ungerührt einen der frechsten jungen Kabarettisten des Landes - Bodo Wartke: »Ich hänge hier mal wieder / mitten im Gedränge / und zwäng' mich durch die Enge / einer Riesenmenschenmenge.« Ein Schmunzeln unter den Zuhörern. Kaum einer, dem es an diesem Freitagabend nicht schon ähnlich ergangen wäre...

Und setzt gleich noch eins drauf: »Über mir wohnt Luise Krause. / Diese hat ein Klavier zu Hause. / D'rauf übt die Krause / - ich krieg die Krise - / ohne Pause Für Elise.« Ohne Zweifel ist Lärm eine der Zivilisationskrankheiten unserer Zeit. Ist Lärm eine Hülle, ein Untergehen im Unnötigen. Br. Andreas Knapp bietet einen möglichen Weg an: »Stille - kann stillen.« Schön, ab und zu Raum zu haben, der Ruhe, Selbstbesinnung oder Stille bietet, damit Klang uns erreichen und bereichern kann.

Silke Heinig
Weiter>>>
Karte