Grün-As

Grünauer Bibliotheken haben sich spezialisiert

Was 2004 hinter den Kulissen geschah

Nachdem die Schließungspläne der Stadt Leipzig, die zwei von drei Grünauer Bibliotheken betrafen, im Dezember 2003 erst einmal vom Tisch waren, wurde es ruhig um die Büchereien. Alles schien wie bisher seinen gewohnten Gang zu gehen. Denn was die städtischen Angestellten hinter den Kulissen zu bewerkstelligen hatten, um die geforderten Umstrukturierungen vorzunehmen, haben die Besucher der Einrichtungen größtenteils nicht mitbekommen.

Um alle drei Bibliotheken erhalten zu können und damit den Nutzern, weiterhin kurze Wege zu ermöglichen, wurde damals ein Konzept entwickelt, wonach Öffnungszeiten verkürzt, Räumlichkeiten begrenzt und sowohl Bestände als auch Personal abgebaut werden sollten. »Die Vorgaben sind nun so gut wie erfüllt«, erklärt Sachgebietsleiter der Stadtteilbibliotheken West Matthias Örtl. Den Grund, warum es über ein Jahr gedauert hat, liefert er gleich mit: »Eine Umstrukturierung solch umfassender Einrichtungen gestaltet sich schwierig. Nicht etwa weil es sich hier um eine Verwaltungseinrichtung handelt, vielmehr war es die Menge der Medien, die uns einen erheblichen Aufwand verschaffte. Hinzu kam, dass die Angestellten die vielen Aufgaben neben dem laufenden Betrieb erledigen mussten. Die Koordination der Arbeiten war manchmal wirklich schwer.«.

90 000 Bestandsteile gingen durch die Hände der sechs verbliebenen Mitarbeiter. Alles wurde angeschaut und überprüft. Was noch für die Ausleihe in Frage kam wurde katalogisiert, anderes wurde an Einrichtungen, wie beispielsweise Kindergärten verschenkt. »Auf Grund der verkleinerten Bestände und des verringerten Platzes konnten wir das Allround-Angebot nicht beibehalten«, erläutert Matthias Örtl die neuen Strukturen der einzelnen Einrichtungen. »So haben wir die Bibliotheken spezialisiert. In Grünau Mitte findet man vorrangig Belletristik - als Buch, Hörbuch, Video oder DVD. Die Bibo Nord hat sich, durch die Nähe der Max-Klinger-Schule, auf Sach- und Fachbücher konzentriert und in Süd kommen Musik- und Film-Fans auf ihre Kosten. Dort handelt es sich allerdings vorwiegend um multimediale Bestände.«

»Der Bedarf an so genannten Non-Book-Medien, damit sind alle Medien außer die klassischen Bücher gemeint, ist allgemein sehr gestiegen«, so der Sachgebietsleiter. »Wir sind daher bemüht, bei Neuanschaffungen auf die gesteigerte Nachfrage zu reagieren.« Außerdem sei angedacht, den Kinderbereich weiterhin zu betreuen. Das allerdings gestaltet sich schwierig, da die Personaldecke sehr dünn ist. »Unsere ABM-Kräfte, die unter dem Motto: ›mehr Zeit für Kinder‹ den kleinen Besuchern bei Hausaufgaben helfen, mit ihnen spielen oder einfach nur mal zuhören, wechseln leider ständig. Das ist problematisch, weil gerade Kinder oftmals eine ganze Weile brauchen, um Vertrauen zu fassen und sich zu öffnen.«

Ein weiterer wichtiger Aufgabenbereich war und bleibt der Kontakt zu Kindergärten und Schulen im Stadtteil. Auch da gibt es zwar Einschränkungen auf Grund des engen zeitlichen und finanziellen Rahmens, aber die Einrichtungen haben sich die Leseförderung auf ihre Fahnen geschrieben. Nicht ganz uneigennützig, wie man sich denken kann. Denn wenn Kinder nicht richtig lesen können und deswegen keinen Spaß daran haben, die Welt der Bücher zu entdecken, werden sie auch nicht zu Bibliotheks-Nutzern. Matthias Örtl: »Wir mussten unsere Aktivitäten zwar verringern, aber trotzdem gibt es das ganze Jahr über mehrere Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit den Grünauer Schulen. Dazu gehören beispielsweise Lesungen oder Klassen-Führungen durch unsere Räumlichkeiten. Schüler können im Rahmen von Projekttagen bei uns lernen, wie man für eine Themen-Recherche die Medien effektiv für sich nutzen kann.«

Trotz leichtem Besucher-Rückgang, die den verkürzten Öffnungszeiten geschuldet sind, haben im vergangenen Jahr über 100 000 Grünauer das Angebot der drei Einrichtungen genutzt und damit bewiesen, dass deren Erhaltung wichtig und sinnvoll war.
Klaudia Naceur

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