Grün-As
Plakat

Traum und Tristesse.
Vom Leben in der Platte.

Fotografien von Harald Kirschner - Foyerausstellung im Zeitgeschichtlichen Forum

Leipzig-Grünau, Halle-Neustadt, Berlin-Marzahn - die Bindestrich-Orte verweisen auf Plattenbausiedlungen, die seit Mitte der 1970er Jahre in der DDR entstanden. Viele Ostdeutsche empfanden die Zuweisung einer Neubauwohnung als Lotteriegewinn, andere erlebten die dort vorherrschende Uniformität der Architektur und die oft katastrophale Infrastruktur als deprimierend. Dieses Spannungsverhältnis zwischen »Traum und Tristesse« spiegeln rund 70 Aufnahmen des Leipziger Fotografen Harald Kirschner, die das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig vom 8. März bis 24. Juni 2012 präsentiert. Der Eintritt ist frei.

1976 fiel der erste Spatenstich für die Neubausiedlung Leipzig-Grünau. 1981 zog der damals 37-jährige Harald Kirschner mit seiner Familie aus der Leipziger Innenstadt hinaus nach Grünau, in eine der begehrten »Atelierwohnungen« im 15. und 16. Obergeschoss eines so genannten PH 16 im WK 4 - die Abkürzungen stehen für »Punkthochhaus« bzw. »Wohnkomplex« und gehörten zum alltäglichen Sprachgebrauch. Kirschner hatte sich - nach Studium und Lehre an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig - gerade als freiberuflicher Fotograf selbstständig gemacht.

Als persönlich »Betroffener« und zugleich professioneller Beobachter dokumentiert Harald Kirschner seither die Entwicklung von Leipzig-Grünau. Mit der Kamera hielt er die euphorische Aufbruchstimmung der ersten Jahre fest, das Bemühen der Menschen, dem Leben in den »Arbeiterschließfächern« in »Schlammhausen«, wie Wohnungen und Stadtteil im Volksmund bald hießen, Individualität zu verleihen.

Kirschners besonderes Interesse galt den Kindern und Jugendlichen, die mit viel Phantasie ihren Lebensraum in Besitz nahmen - für sie war die entstehende Neubausiedlung mit ihren Baustellen ein großer Abenteuerspielplatz. Die Bilder offenbaren die Mängel der Planwirtschaft, die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit im »real existierenden Sozialismus«, aber auch die Umbrüche 1989/90 und zeigen dabei viel Sympathie für die Menschen, die im Mittelpunkt vieler Arbeiten stehen.

Info: Zeitgeschichtliches Forum Leipzig
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