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Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

Willkommenstour durch Grünau

Kinder- und Jugendeinrichtungen machen Flüchtlinge mit ihren Angeboten vertraut

Jeder Umzug in eine andere Stadt ist gerade für die kleinen und heranwachsenden Familienmitglieder mit viel Ungewissheit verbunden: Neue Nachbarn, eine neue Kita oder Schule, die alten Freunde, die alten Treffpunkte sind nicht mehr da.

Der erste Tag im Klassenzimmer gleicht einem Spießrutenlauf: Skeptische Blicke, der einzige freie Platz ist der, neben dem sowieso keiner sitzen will. Und dann berlinern die auch noch alle und lachen dich wegen deinem Sächsisch aus. Was aber, wenn vielleicht nicht einmal die Familie mit umgezogen ist, die neue Sprache nicht berlinern ist, sondern eine fremde, zunächst vollkommen unverständliche, die Wohnung für fünf Personen aus einem Zimmer oder nur nebeneinander gestellten Pritschen besteht. Weil man nicht umgezogen, sondern geflüchtet ist vor Krieg und Zerstörung, vor Hass und Verfolgung?

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Willkommenstour durch Grünau

Um gerade diesen Kindern und Jugendlichen das Ankommen in der Fremde, vielleicht in der neuen Heimat zu erleichtern, luden die Grünauer Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in der ersten Herbstferienwoche zu einer Willkommenstour durch den Stadtteil. Zwischen 20 und 25 hoch interessierte Teilnehmer zwischen sieben und 17 Jahren erkundeten eine Woche lang in mehreren Gruppen per Geocaching jeweils vom Allee-Center aus die Angebote.

In Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsrat, dem Jugendnotdienst und vor allem den Sozialarbeitern, die in ihren Schulen gegenwärtig immer stärker mit den Kindern und Jugendlichen aus den DAZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache) arbeiten, war das Ferienangebot bekannt gemacht worden. So fanden sich Kids aus verschiedenen Ländern zusammen, manche bereits seit acht Monaten in Deutschland und in der DAZ-Klasse des Klinger-Gymnasiums, einige aus der Gemeinschaftsunterkunft in der Liliensteinstraße und auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die in Grünau betreut werden.

Begleitet wurden sie von Mitarbeitern aus den Offenen Freizeittreffs, den jugendkulturellen Angeboten, den Familienzentren und den Schulsozialarbeitern. Und obwohl die Gruppen jeweils von mindestens zwei Erwachsenen begleitet wurden, gab es bereits im Allee-Center ablehnende Blicke und Bemerkungen von dort shoppenden Bürgern.

Der Einstieg im Theatrium mit Improvisations- und Kennenlern-Spielen am Montag war für alle eine große Herausforderung. Den Mut, auf der Bühne zu improvisieren, muss man ja erst einmal aufbringen. Am Ende hatten ihn die meisten und auch Riesenspaß an der Sache. Im Kreativzentrum konnten die Kids dann am Nachmittag selber Taschen gestalten und anderes basteln. Am Dienstag lernten sie die Angebote im offenen Freizeittreff Völle kennen und waren nachmittags im Kübel.

Im Schneetreiben ging es am Mittwoch wieder vom Startpunkt am Allee-Center aus zunächst zum Kinder- und Jugendtreff (KiJu) in der Heilbronner Straße. Neben den typischen Angeboten eines Offenen Freizeittreffs wie Kickern, Tischtennis und Billard konnten die Kids mit Hilfe einer Baumscheibe übers Wasser zum süßen Piratenschatz gelangen. Auch bei der Zubereitung der vegetarischen Soljanka war die Hilfe der Kinder und Jugendlichen gefragt. Nach dem Essen ging es im Regen tapfer weiter rund zwei Kilometer bis zum Offenen Freizeittreff Arena.

Am Donnerstag sollten die Geocacher eigentlich den Bauspielplatz des Kinder-, Jugend- und Familienzentrums der Caritas kennenlernen. Doch das fiel im wahrsten Sinne des Wortes ins kalte Wasser. Aber wie interessant ist es denn, von sich selbst Fotos zu machen, diese auszudrucken und zu rahmen? Von der Ringstraße mussten dann alle per GPS bis zum Heizhaus finden, wo dann nochmals alle Muskeln und Sehnen aktiviert werden konnten. Auf der Skaterrampe und bei Hip Hop war Geschicklichkeit gefragt – und wer das alles nicht wollte, konnte zumindest Billard spielen.

An jeder Station erspielten sich die Kids ein Puzzleteil. Alle Teile ergaben die Einladung zum Abschlussfest am Freitag, das eigentlich am K4, dem Kletterfelsen in Grünau-Mitte stattfinden sollte – wenn das Wetter mitgespielt hätte. So ging es wieder in die Völle, wo es das große Abschlussspiel gab, in dem es vor allem darum ging, gemeinsam zum Ziel zu kommen, gefolgt von einer Schatzsuche und einem leckeren Buffet. Selbstverständlich gab es Speisen, die halãl sind, also nach dem Islam erlaubt.

Diese Überraschung hatten Mütter von Schülern der DAZ-Klassen und Besucherinnen des Mütterzentrums Grünau vorbreitet. Kennengelernt haben die Kids nun fast alle Freizeitangebote, die es für Kinder und Jugendliche in Grünau gibt. Vielleicht haben sie auch neue Freunde gefunden. Die Türen der Einrichtungen stehen ihnen offen. Ins Theatrium wollen viele Kids wieder kommen. Die meisten als Zuschauer, aber der 17-jährige S. aus Afghanistan möchte auf alle Fälle selber mitmachen.

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