Grün-As

Intervallstudie Leben und Wohnen in Grünau 2004

Einleitung | Bewohnerstruktur | Wohnumfeld | Stadtumbau | Blick in die Zukunft

Die Bewohnerstruktur Grünaus

Intervallstudie - Teil 2

Wie viele der Grün-As-Leser aus dem letzten Heft erfahren haben, werden in den nächsten Ausgaben die Ergebnisse der Einwohnerbefragung in Grünau präsentiert. Dieser Teil der Fortsetzungsreihe stellt die Frage in den Mittelpunkt: Wie hat sich die Bewohnerstruktur Grünaus in den letzten Jahren verändert?

Eine Grundtendenz wird sehr deutlich: Grünau wird älter. In den letzten Jahren hat der Anteil älterer Personen, wie die Grafik zeigt, deutlich zugenommen. 1987 waren 5 % der Grünauer über 55 Jahre alt. Jetzt sind es bereits 44 %, also fast die Hälfte. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil der unter 35-jährigen von 37 auf 13 % gesunken. Wie lässt sich diese Entwicklung erklären?

Der Hauptgrund sind die Kriterien bei Wohnungsvergabe in den 70er und 80er Jahren. Die neu entstandenen Wohnungen wurden bevorzugt an junge Familien vermietet. Das führte schließlich dazu, dass die meisten Grünauer ähnlichen Alters waren, so dass sie jetzt praktisch mit ihrem Wohngebiet altern. Diejenigen, die in den 70er Jahren zu den 20- bis 30-Jährigen gehörten (was bei den meisten der Fall war), waren in den 90ern zwischen 40 und 50 Jahre alt und dürften sich inzwischen ihrem 60. Lebensjahr nähern. Soziologen sprechen in diesem Zusammenhang von »demographischen Wellen«.

Ein weiterer Grund für den verstärkten Alterungsprozess ist, dass in den 90er Jahren vor allem junge Grünauer ihren Wohnort verließen, um andernorts Arbeit zu suchen oder einer Ausbildung nachzugehen. Familien, die es sich finanziell leisten konnten, wanderten in die Stadtrandgebiete ab, um sich den Traum vom Häuschen im Grünen zu erfüllen.

Diese Entwicklung ist auch den Einwohnern selbst nicht entgangen: »Leider«, so schreibt einer der Befragten, »ist Grünau schon jetzt überaltert; es sollen mehr junge Leute in Grünau Wohnungen beziehen. « Oder wie es an anderer Stelle heißt: »Ich fürchte, Grünau wird ein typisches Vorstadtghetto, viele Alte und zu wenig junge Bewohner«. Doch das gilt nicht nur für Grünau, sondern ebenso für andere Stadtteile Leipzigs sowie ganz Deutschland. Ein weiterer interessanter Punkt ist die Einkommensstruktur der Grünauer. Oft wird in den Medien ein negativer Eindruck von Großwohnsiedlungen wie Grünau vermittelt und nicht selten werden diese Siedlungen als zukünftige Problemgebiete dargestellt.

Auch einige Grünauer selbst bemängeln die Entwicklung ihres sozialen Umfelds und zeigen sich besorgt. Sie fürchten, Grünau könne sich in den nächsten Jahren zu einem »sozialen Brennpunkt« entwickeln. Bis jetzt ist diese Befürchtung jedoch unbegründet, denn die Zusammensetzung der Bewohner Grünaus unterscheidet sich in den Sozialdaten heute kaum vom Durchschnitt der Stadt. Das heißt im Vergleich mit anderen Stadtteilen Leipzigs befindet sich Grünau im Mittelfeld. Das Haushalts-Einkommen der Grünauer liegt sogar knapp über dem Leipziger Durchschnitt. Grünau kann also weder als Armenhaus von Leipzig noch als sozialer Brennpunkt bezeichnet werden.

Die Grafik zeigt das durchschnittliche Haushaltseinkommen der einzelnen Wohnkomplexe im Vergleich zur Stadt Leipzig (roter Balken). Allerdings bilden sich innerhalb Grünaus, auch innerhalb der einzelnen Wohnkomplexe, zunehmend (Einkommens-)Unterschiede zwischen den Einwohnern heraus. Die soziale Mischung verschiedener Bevölkerungsschichten, wie es sie zu Zeiten der DDR noch gab, nimmt ab. Wohnten damals noch Hausmeister und Professor Tür an Tür, so zeigen sich jetzt immer stärkere Unterschiede in der Einwohnerstruktur zwischen den einzelnen Vermietern.

Beispielsweise schwankt der Anteil Arbeitsloser bei den verschiedenen Wohnungsunternehmen zwischen 3 und 28 %. Grünau wird also älter und differenzierter - wie ist mit dieser Entwicklung umzugehen? Wichtig ist vor allem, dass Stadtplanung und Wohnungsunternehmen die sich ändernden Wohnbedürfnisse berücksichtigen.

Da der Anteil älterer Grünauer weiterhin steigt, werden in den kommenden Jahren mehr altersgerechte, barrierefreie Wohnungen mit kleinerem Grundriss (Ein- bis Zweiraumwohnungen) benötigt. Das gleiche gilt für Aufzüge und niedrig geschossige Häuser. Ebenso sollte es weiterhin Angebote für unterschiedlich große Geldbeutel geben.

Annett Fritzsche

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